Länger geblieben als geplant – und fast schon weiter

Eigentlich war für Australien nur der Bibbulmun geplant. Jetzt, kurz vor unserem Abflug, merken wir: Wir waren deutlich länger hier als gedacht. Zu viele Wege, zu viele Strände, zu viele Tiere – und zu viele gute Gründe für Australien.

Die letzten Wochen waren eine Mischung aus langen Küstenwanderungen, staubigen Straßen, improvisierten Zeltplätzen, Kaffee an allen möglichen Orten und einer stetig wachsenden Sammlung australischer Tierbegegnungen.


Es lässt sich gut in vier Etappen einteilen.
1. Cape to Cape Trail – Barfuß durch Wind, Wasser und Weite


Der Cape to Cape Track im Südwesten Australiens empfängt uns, wie wir es inzwischen erwarten: mit zu viel Essen im Rucksack und einer sehr langen Busfahrt. Augusta wirkt erst einmal touristisch und freundlich, doch wir schlagen unser Zelt bald etwas abseits auf. Nudeln mit Avocado, Käse und Tomatensoße – der Beginn einer Reihe erstaunlich guter Outdoor-Abendessen.
Die Tage auf dem Cape to Cape sind geprägt vom Wechsel: Regen und Sonne, kühle Morgen und heiße Strandpassagen, schmale Pfade über Klippen und kilometerlanges Barfußlaufen im Sand. Oft sind wir nah am Wasser, manchmal direkt darin – Schwimmen in natürlichen Becken, kurzen Pools zwischen Felsen oder einfach im Meer zur Abkühlung.
Es gibt Kaffeepausen an Leuchttürmen, Scones in Cafés, und schöne Natur-Zeltplätze. Wasser ist nicht immer pur trinkbar, also wird gefiltert, abgekocht oder in Kaffee verwandelt.
Tierbegegnungen begleiten uns fast täglich: Kängurus am Morgen, Possums am Abend (eines knabbert sich direkt ins Zelt und ins Müsli), Warane, Delphine und Schlangen. Am Ende des Trails stehen wir staubig, müde und sehr zufrieden in Dunsborough und essen uns durch den letzten Proviant.


2. Wohnmobilüberführung über die Nullarbor – Geradeaus bis zum Horizont


Nach ein paar Tagen Küste, Duschen und gutem Essen ist plötzlich alles anders: Wir bekommen kurzfristig ein Wohnmobil. Spontan wird aus Wandern Fahren. Ein großes Fahrzeug, Aldi-Einkauf, Rotwein am Abend und Musik im Camper – dieser Komfort fühlt sich fast ungewohnt an.
Die Route führt uns über den Wave Rock Richtung Osten. Felsen, Salzseen, weite Landschaft. Ein Außenspiegel fällt einfach ab und bleibt zerbrochen zurück – niemand erreichbar, keine Ersatzteile. Also weiter. In Norseman noch einmal Werkstatt, Touristeninfo, Tanken, Wasser, Abwasser. Dann beginnt der Nullarbor.
Die Landschaft ist nicht spektakulär im klassischen Sinn, aber eindrucksvoll: schnurgerade Straßen, Hitze, Roadtrains, Tankstellen im Nichts. Alle paar hundert Kilometer ein Halt, oft teuer, manchmal nur mit Bargeld. Tote Kamele am Straßenrand, Kängurus, endlose Ebenen. Abends kochen wir all das frische Gemüse, das wir nicht über die inneraustralische Grenze mitnehmen dürfen.
An der Küste Südaustraliens tauchen plötzlich wieder Klippen auf. Bei der Einreise nach Südaustralien werden wir doch noch kontrolliert – inklusive Blick in den Kühlschrank. In Adelaide geben wir das Wohnmobil ab. Alles klappt. Ein bisschen Wehmut bleibt.


3. Great South West Walk & Great Ocean Walk – Tiere, Wald und Klippen


Mit Bus, Zelt und Rucksack geht es weiter nach Victoria. Ab Portland starten wir auf dem Great South West Walk. Schon am ersten Tag wird klar: Das wird ein Tiertag. Koalas – viele davon mit Jungtieren –, Wallabys, Kängurus, Echidnas. Ein Koala klettert direkt vor uns den Baum hinauf, andere schlafen, kratzen sich oder brüllen nachts aus dem Wald.
Die Tage wechseln zwischen Eukalyptuswald, Flüssen, Klippenwegen und langen Strandabschnitten. Es ist heiß, oft sehr heiß. Wasser wird gefiltert, Kaffee gekocht, Pausen im Schatten gemacht. Umleitungen führen über kaputte Brücken, wir klettern, balancieren, improvisieren. Abends bauen wir Zelte unter Sheltern auf, machen kleine Feuer und hängen das Essen wegen der Possums auf.
Der Great South West Walk ist einfach wunderschön und fast menschenleer. Wir genießen das Wandern sehr.
Später geht es nahtlos in den Great Ocean Walk über. Touristischer, lauter, aber landschaftlich beeindruckend: Blowholes, versteinerte Wälder, Seehundkolonien, Klippenblicke. Die Twelve Apostles wirken nach all den Tagen draußen fast unspektakulär – zu voll, zu inszeniert.


4. Camperüberführung Richtung Brisbane – Hitze, Asphalt und Durchhalten


Nach Wanderungen, Reparaturen, Einkäufen und Organisation folgt die nächste Etappe: eine weitere Camperüberführung, diesmal Richtung Brisbane – und mitten im australischen Sommer. Zu unserem Pech erreicht uns eine Hitzewelle mit einigen Tagen über 40 Grad (im Schatten!) Lange Fahrtage, Hitze, Klimaanlage als Rettung, kurze Pausen. Kein Vergleich zu den Wochen davor, aber ein notwendiger Übergang.
Es ist weniger romantisch, weniger wild. Dafür effizient. Wir funktionieren, fahren, kochen, schlafen. Australien zieht noch einmal vorbei – schneller, lauter, heißer. Und dann ist klar: Das war’s erst einmal.


Jetzt sitzen wir mit gepackten Rucksäcken da. Morgen fliegen wir weiter nach Neuseeland, auf die Südinsel. Australien war länger, intensiver und vielfältiger als geplant. Küstenwege, Wüstenstraßen, Wälder voller Koalas, unzähligen Känguruhs und Nächte mit Possums vor dem Zelt.
Wir gehen müde – aber sehr erfüllt.

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