Thilo allein in Spanien auf dem GR 1 (5)

Am Ende der Welt: Die letzten 430 Kilometer in 11 Tagen – von Pola de Lena bis Estaca de Bares

Nach sieben Wochen und rund 1.800 Kilometern zu Fuß durch Spaniens grünen Norden nähere ich mich meinem Ziel: dem nördlichsten Punkt des Landes, dem Kap Estaca de Bares. Die letzten elf Tage meiner Reise, 430 Kilometer von Pola de Lena bis zum Atlantik, waren intensiv – körperlich, landschaftlich und emotional. Was als Ruhetag begann, endete in einer stürmischen Nacht am Meer mit dem Gefühl: Ich bin angekommen.

Ein unerwarteter Wendepunkt

Am 25. April wache ich früh auf, doch nicht früh genug – Touristen machen bereits Fotos im Kirchendach, unter dem ich meine nassen Sachen aufgehängt habe. Es ist ein Ruhetag, der keiner wird: Erste Anzeichen von Krankheit, ein dreckiges Hostel, Reparaturen, Einkaufen, Abendbrot mit Thomas – und am Ende des Tages: Fieber. Ein Tiefpunkt.

Durch Krankheit, Hitze und Regen

Die folgenden Tage bringen alles: matschige Pfade, eiskalte Quellen, brennende Sonne, nasse Nächte und manchmal nichts als Asphalt. Doch auch Momente echter Schönheit: einsame Weiden, stille Klöster, blühende Landschaften. Ich finde Zeltplätze mit Sonnenuntergangsblick, genieße das satte Grün und den Duft nach Eukalyptus, Pinien und feuchten Birken. Und ich merke: Trotz Erschöpfung – ich will weiter.

Ich ändere meine Route spontan, lasse überlaufene Pilgerwege hinter mir, finde versteckte Bäckereien, einfache Bars und nette Menschen, die mir Wasser geben, wenn es sonst keins gibt. Die Zivilisation ist oft fern, doch der Weg entschädigt mit Weitblick und Freiheit. Meist laufe ich über 40 Kilometer am Tag – nicht, weil ich muss, sondern weil ich es kann.

Das Meer rückt näher

Ab dem 3. Mai sehe ich es: den Atlantik bzw. die kantabrische See. Die ersten Ausblicke lösen gemischte Gefühle aus – Vorfreude, aber auch Wehmut. Bald ist es vorbei. Ich schwimme, wenn niemand hinschaut. Ich sitze im Regen, weil es warm ist. Ich esse Knoblauchbrot am Strand und finde Unterschlupf in öffentlichen Toiletten, wenn das Unwetter tobt. Ich bin in meinem Element – draußen, allein, unterwegs.

Ankunft am Kap

Am 5. Mai wache ich früh auf. Es regnet, ich muss dringend raus – also los. Ein kurzer Sprung ins Meer, ein wilder Tag mit Wind und Wetter, ein einfaches Menü in einem Restaurant. Dann stehe ich am Ziel: Estaca de Bares. Weiter nördlich geht es in Spanien nicht. Ich trinke ein Bier mit Blick aufs Meer. Ich bin angekommen.

Nachklang

Diese letzten Tage waren ein würdiger Abschluss. Anstrengend, überraschend, ehrlich. Ich bin dankbar – für die Wege, die Menschen, das Wetter, die Einsamkeit und die kleinen Freuden am Wegesrand. Und obwohl ich mich jetzt auf den Zug zurück freue, weiß ich: Ein Teil von mir bleibt hier. Am Kap. Am Ende der Welt.

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